Modebureau Silke Bücker

LANG(SAM) LEBE DER LUXUS!DOWNLOAD PDF

Luxus. Ein Wort, das meist positiv konnotiert ist, übersetzt aber eigentlich Verschwendungssucht meint und eine der sieben Todsünden (Luxuria) beschreibt. Auf den Ursprung verweisend streng genommen also ein No-Go in der heutigen Zeit, in der Ressourcen knapper werden und nachhaltiges, umsichtiges Handeln als Gebot der Stunde gilt.

Neutral betrachtet beschreibt Luxus in der Mode wiederum ein elitäres Segment, fast gängiger noch mit High-Fashion betitelt. Diese wiederum ist nicht nur den Top-Verdienern, sondern vermeintlich auch den Top-Informierten vorbehalten, jener streng abgegrenzten Zielgruppe, die immer Bescheid weiß über die neuen Must-haves und Statement Pieces der oberen Zehntausend.

Kurzum: Es geht um Dinge und Konsumgüter, die nicht jeder hat, weil sie nicht jeder haben kann. Aber sind es tatsächlich noch die vordergründigen Status-Symbole mit offensichtlichem Logo oder enormem Wiedererkennungswert, die sich als Luxus unserer Zeit klassifizieren oder vollzieht sich hier allmählich ein Wertewandel? Dahingehend, dass im übertragenen Sinne Ruhe einkehrt in das von Hysterie, Begehrlichkeit und angebliche Exklusivität geprägte Terrain des Konsums. Wächst die Lust auf Qualitätsprodukte mit Manufaktur-Hintergrund, die auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar scheinen, sich aber auf Dauer als die bessere Wahl entpuppen und länger zufrieden machen? Und kann Luxus am Ende des Tages als neuer Ausdruck von Nachhaltigkeit bestehen, weil der Konsument wieder Lust hat, hochästhetische und erstklassige Dinge jenseits der Saisons, die kommen und gehen, zu bewahren und zu pflegen? Wird der ursprüngliche Wortsinn also am Ende ins Gegenteil gekehrt?

Luxus einerseits & andererseits

Nach Einschätzung von Andreas Murkudis, dessen selbstbenannter Laden in Berlin-Schöneberg ein Spitzen-Sortiment der sehr eigenen Art bereit hält, ist ein Umdenken bis zu einem gewissen Grad, vielmehr eine bewusste Reflektion über Konsum nicht nur unabdingbar, sondern lässt sich mit wachsender Selbstverständlichkeit auch am Shopping-Verhalten ablesen. Und weil Murkudis Konsum auch immer aus einem emanzipatorischen Blickwinkel betrachtet und gar für die Einführung eines Schulfachs à la »ethische Aufklärung« plädiert, um der heranwachsenden Generation mehr Bewusstsein und Werteverständnis mit auf den Weg zu geben, gestaltet er sein Portfolio aus Mode, Accessoires, Interieur und Kosmetik bewusst sehr persönlich und konträr. Setzt einerseits ein Statement mit global begehrten High-End-Brands wie Céline, Jil Sander, Dries van Noten oder Maison Martin Margiela und propagiert andererseits sehr engagiert und konsequent regelrechte Insider-Labels mit kompromisslosem Qualitätsanspruch wie Felisi, Neri oder Haltbar. Dabei geht es ihm nicht nur um ein Ausbalancieren des Sortiments, sondern vor allem darum, eine Alternative zum Etablierten zu bieten: »Luxus sind für mich in erster Linie Produkte, an denen wirklich gefeilt wird, die vom Design über das Material bis hin zu Funktionalität und Verarbeitung komplett durchdacht sind. Dieses Level erreichen die bekannten Luxus-Brands eigentlich nicht – wenn man mal ehrlich ist. Denn die meisten von ihnen gehören inzwischen zu großen Konzernen wie LVMH oder Kering, und da bezahlst du als Konsument natürlich auch den ganzen Overhead, sprich die Inszenierung und Vermarktung der Marke. Die dadurch entstehenden Kosten muss man ja fairerweise vom Produkt abziehen. Aber natürlich stehe ich hinter diesen Labels, neben ihrer modisch überzeugenden Aussage nicht zuletzt auch aufgrund ihrer beachtlichen Tradition und Historie, und ich führe sie mit gutem Gewissen. Das Tolle an Céline zum Beispiel ist, dass diese Kollektion von einer Frau für Frauen gemacht wird. Der Stil, den Phoebe Philo propagiert, ist einfach zeitlos und so gradlinig, dass man beispielsweise einen ihrer Mäntel noch die nächsten zehn Jahre tragen kann. Es lohnt sich also, in diese Marke zu investieren. Nichtsdestotrotz bleibt es mein Anspruch, meinen http://silkebuecker.de/wordpress die Wahl zu lassen.«

Schließlich resultiert die unschlagbare Marktmacht der Megabrands eben vor allem aus der Power, die der dahinter stehende Konzern in die strategische weltweite Positionierung steckt. Anzeigen, Image-Kampagnen, Flagship-Stores, http://silkebuecker.de/wordpressbindungsmaßnahmen – all das und mehr trägt zum konkurrenzlosen Standing bei. Kleinen Firmen fehlen hingegen schlicht die Mittel, um sich im Luxusmarkt wirklich bemerkbar zu machen, obwohl sie ein ebenso exzellentes Produkt auf höchstem Niveau herstellen. »Deshalb verkaufe ich manchmal die Tasche von Felisi einfach lieber als die von Céline, obwohl ich an der natürlich mehr verdiene«, sagt Andreas Murkudis.

Minimalismus als neue Maxime

Und obwohl etwa Céline zu LVMH gehört, dem einen der beiden französischen Luxus-Konglomerate, die immer mehr Prestige- Marken unter ihre Fittiche nehmen, qualifiziert sich der zeitlos-minimalistische Stil, den Phoebe Philo seit 2008 mit beeindruckendem Erfolg vorführt, doch als Ausdruck eines neuen Zeitgeist-Empfindens und zeichnet die Britin aktuell als wegweisende Designerin aus. Offensichtliche Logo-Manie und das penetrant-protzige zur-Schau-Tragen von Status-Symbolen werden hingegen gesellschaftlich zunehmend als peinlich, aufdringlich und unangemessen empfunden. Selbst in den neuen Märkten, die in ihrer Konsum-Sozialisation aufgrund ihrer Geschichte einiges nachholen müssen und deren Konsumenten man nach wie vor unterstellt, vordergründiges Bling-Bling dezentem Understatement vorzuziehen, haben das westliche Verständnis von modischer Subtilität in Windeseile adaptiert.

»Es ist erstaunlich, wie viele neue http://silkebuecker.de/wordpress aus Osteuropa und Russland inzwischen bei mir einkaufen«, bestätigt auch Markus Strasser, Mit-Inhaber von Park in Wien, einem Multibrand-Store, der sich bewusst von Labels wie Versace oder Gucci distanziert und mit Marken wie Ann Demeulemeester, Bless oder Damir Doma eine andere Art von alternativem Sortiment propagiert als Murkudis in der deutschen Hauptstadt. Teures nicht teuer bezahlen – Strasser macht Luxus in der Mode aber noch an ganz anderen Faktoren als dem eigentlichen Produkt fest. »Für mich persönlich und das Geschäft Park gehören Aspekte wie faire und nachhaltige Produktionsbedingungen zum neuen Luxusverständnis inzwischen dazu. Meine http://silkebuecker.de/wordpress legen immer größeren Wert darauf, zu erfahren, woher ein Kleidungsstück stammt und wie es produziert wurde. Sie möchten mit einem guten Gefühl einkaufen, ohne die Sorge zu haben, dass Menschen für ihren Konsumbedarf ausgebeutet werden. Ich versuche deshalb Artikel zu vermeiden, die mit ›Made in China‹ deklariert sind, obwohl es manchmal gar nicht so leicht ist, die tatsächliche Herkunft nachzuvollziehen. Wenn dann doch mal ein Billiglohnland drinsteht, nervt das meine http://silkebuecker.de/wordpress – und mich selbst auch.«

Stichwort Transparenz. Menschen, die viel Geld in Mode investieren, haben heutzutage ein Recht auf detaillierte Informationen zur Wertschöpfungskette und verantwortungsbewusstes Handeln – so zumindest der lauter werdende Wunsch – auch wenn die Wirklichkeit leider ganz anders aussieht. Denn Strasser, der mal Modedesign studiert und unterrichtet hat, kennt die Schwachstellen der Industrie sehr genau: »Viele Luxusmarken setzen beispielsweise im Design einen Fokus auf Stickereien, und die werden meistens in China gemacht, weil man diese aufwendige Handarbeit in Europa gar nicht zahlen könnte. Was nicht zwingend auf mangelhafte Arbeitsbedingungen verweisen muss. Aber natürlich kalkulieren große Konzerne den Faktor Produktion knallhart, um maximale Gewinnspannen erzielen zu können. Selbst wenn die Qualität darunter nicht leidet, hat auch im Top-Genre so manches Unternehmen bis zu einem gewissen Grad eine Form der Ausbeutung zu verantworten.«

Und diese Verantwortung übernimmt am Ende auch der, der die Produkte kauft. Ausschließlich seinem ästhetischen Begehren zu folgen, erscheint aus diesem Blickwinkel also mehr denn je ignorant, banal und schlicht inakzeptabel. Womit wir wieder bei den Gütern besagter Handwerks-Manufakturen wären, für die aufgrund von überschaubaren Stückzahlen, kurzen Lieferwegen und knapp kalkulierten Margen Nachhaltigkeit per se eine Selbstverständlichkeit ist. »Die brauchen für faire Produkte kein Zertifikat«, schlussfolgert Andreas Murkudis sehr treffend. Und sie bieten exklusive Stücke, die eben nicht jeder hat.

Von wegen individuell

Denn das Paradoxe ist, wer sich Luxus leisten kann, lebt gern in der Annahme, sich ein Stück Individualität zu gönnen. Tatsächlich aber ist oft das Gegenteil der Fall. Handverlesene, persönlich geprägte Sortimente werden mehr und mehr zur Seltenheit, stattdessen schießen die Flagships der etablierten High-End-Marken mit ihren austauschbaren Angeboten wie Pilze aus dem Boden und verdrängen den individuellen Handel, einen nicht zu vernachlässigenden Anteil trägt dazu auch das Online-Geschäft bei. Das führt wiederum zu einem uniformierten Look, so dass dem aufmerksamen Beobachter in einer bestimmten Saison in nahezu absurder Redundanz die gleiche Tasche, die gleichen Schuhe oder das gleiche Sweatshirt begegnet – je nachdem, welche Artikel gerade von der Industrie gepuscht und von Bloggern oder Journalisten gehypt werden.

Dass es gleichwohl ganz schön schwer ist, den permanenten und durchaus attraktiven Verlockungen konsequent standzuhalten, ist eine ebenso ehrliche Erkenntnis wie die Tatsache, dass die Verweildauer dieser angeblichen Investment Pieces in den Garderoben ihrer Käufer oft gnadenlos kurz ist. Dies wiederum mag kaum verwundern, denn viel zu schnell haben selbst die einst stolzen Besitzer sich am rar erscheinenden Stück satt gesehen, das ihnen nicht nur auf der Straße und in den Schaufenstern, sondern auch in zahlreichen Blogs oder auf Social-Media-Plattformen schier bis zum Erbrechen vor Augen geführt wurde. Hinzu kommt: Wer seine Must-have-Liste aus mangelndem Mut zu einer gesunden distanzierten Haltung oder einfach aus Unsicherheit weiterhin an den künstlich hochstilisierten Hypes der Big Player ausrichtet, trägt am Ende nicht nur zum Aussterben von alternativen Modeangeboten bei, sondern auch zur gähnenden Langeweile in Bezug auf Individualität und Vielfältigkeit. Und vergisst dabei, dass er doch eigentlich zu einer Elite gehört. Einem sehr kleinen Anteil der weltweiten Bevölkerung nämlich, dem das Privileg der freien Wahl vorbehalten ist. Der selbstbestimmt entscheiden kann, was und wie viel er zu welchem Preis kauft.

Denn bedeutet nicht Luxus am Ende auch, eine autarke Haltung einzunehmen und den eigenen Konsum zyklisch zu überdenken? Mal einen Blick in den Kleiderschrank zu werfen und die Dinge in einen anderen Kontext zu stellen, anstatt immer nur neue anzuhäufen? Zu erkennen und wertzuschätzen, dass auch Patina ihren Reiz haben kann, Perfektion hingegen schlicht langweilig ist? Wer sich diese Freiheit nimmt, wer herausfindet, dass Qualitätsprodukte erst durch den Gebrauch immer schöner und eigener werden, wer Zufriedenheit darin finden kann, die Dinge zu pflegen und zu erhalten, so wie es unsere Großmütter einst taten, wird am Ende im besten Fall erkennen, dass »weniger tatsächlich mehr« ist und diese Philosophie zu seiner neuen Maxime erheben. Nur so kann Konsum reflektierter, vor allem aber ein ganzes Stück besser werden. Und dem bösen Wort »Luxuria« käme eine neue Bedeutung bei.

LANG(SAM) LEBE DER LUXUS!

Qvest Magazine #61